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14. Prozesstag am Di., 16.11.2010

Rechtlicher Hinweis:

Anonymisierungsangebot

Jede der in diesem Artikel mit vollem Namen genannte Person, die eine Anonymisierung wünscht, möge sich bitte auf dem kurzen Dienstweg mit den Seitenbetreibern in Verbindung setzen.

Es handelt sich hierbei um Mitschriften eines öffentlichen Prozesses und einem entsprechenden öffentlichen Interesse an der Sache an sich.
Mit dem Anonymisierungsangebot erkennen wir jedoch an, dass wir evtl. Persönlichkeitsrechte als vorrangig behandeln und uns auch keinesfalls die im Prozess benannten Abläufe und Zitate zu eigen machen, sondern gerade eben die mögliche Unzulänglichkeit der dort getroffenen Aussagen ausstellen wollen.


Der Waffensachverständige Reiber über die Tatwaffe

Da dieser Prozesstag nur bis mittags geht, bleibt es heute bei dieser Beweisaufnahme.

Es erscheint der 50 jährige Sachverständige (S) KHK Uwe Reiber vom Kriminaltechnischen Untersuchungsinstitut des LKA BW.


Dieser habe 2 Aufträge erhalten:

1. Die Munition aus dem Hause K. mit der Tatortmunition zu vergleichen und Abweichungen festzustellen.

2. Die Tatortmunition auf die Zuordnung zur Tatwaffe zu überprüfen.

Munition


Der S. beginnt mit der Munition:

Er habe am 24.03.09 von der PD Waiblingen 1070 Zentralfeuerpatronen erhalten, die er mit der Tatortmunition vergleichen sollte in Bezug auf Herstellungsdatum, Losgleichheit, Eigenschaften usw.

Aus dem Hause K.

soll er erhalten haben:


835 * S&B 9*19/08 in 4 Originalverpackungen, davon 3 ungeöffnet und 1 angebrochen mit 85 Patronen Inhalt.

Es seien messingfarbene Vollmantelgeschosse gewesen mit 8g Masse und tschechischen Munitionszulassungen, die laut S. auch in der BRD gültig sein sollen.

Alle hätten die Losnummer 4092/12 gehabt.


90 * Winchester 9mm Luger in 2 Originalverpackungen.

Von dieser Art sei an keinem Tatort etwas gefunden worden.


60 * Magtech CBC 9mm Luger in 2 Originalverpackungen

messingfarbene Zündhütchen und kupferfarbene Vollmantelgeschosse, 8 g Masse, mit österreichischer Zulassung.


85 * S&B 9mm Luger

messingfarbene Zündhütchen und kupferfarbene Vollmantelgeschosse, 8 g Masse mit rotem Dichtungslack.

Diese Art wurde an keinem Tatort gefunden.

Von den Tatorten


Des Weiteren habe der S. aus W&W 171 Patronen und 113 Hülsen erhalten.

Am 07.04.09 habe er eine weitere Patrone erhalten, die irrtümlich als Hülse gewertet worden sei.


An den Tatorten seien gefunden worden:


78 Patronen und 43 Hülsen des Typs S&B 9mm Luger OHNE den roten Dichtungslack.

Somit stimmen 121 Patronen/Hülsen NICHT mit der Munition im Hause K. überein.


40 Patronen und 50 Hülsen des Typs S&B 9*19/08 stimmen mit der Tatortmunition überein.


54 Patronen und 20 Hülsen des Typs CBC 9mm Luger stimmen mit der Tatortmunition überein.

Waffe


Des Weiteren erhielt der S. eine Pistole „Beretta 92 FS“ mit der Seriennummer L 19746 Z in entladenem, entspanntem und gesichertem Zustand.

Diese Waffe sei für Patronen des Typs 9mm Luger vorgesehen und trage italienische Beschusszeichen aus dem Juli 1992 vom Beschussamt Gardone ( Firmensitz der Fa. Beretta ).

Die Waffe hat ein Visier mit höhen- und seitenverstellbarer Kimme und festem Korn.

Separat erhielt der S. 2 Stück 2 reihige Magazine mit einem Fassungsvermögen von je 15 Patronen.

Zusätzlich erhielt der S. 79 Geschossteile (Projektile) von den Tatorten.


Demnach hatte man offensichtlich (113-79) 34 Projektile entweder nicht gefunden oder nicht übersendet.


Der S. habe folgende Aufträge bekommen:

1. Wurden die Geschosse aus nur einer Waffe abgefeuert?

2. Können Sie der Tatwaffe zugeordnet werden?

3. Welches der beiden Magazine war in der ARS geladen?


Der S. führt zunächst aus, dass die Pistole allgemeine Gebrauchsspuren aufweise und diverse Beschädigungen z.B. an der Griffschale, die von einem Herunterfallen herrühren könnten.

Es habe diverse krustige Anhaftungen gegeben, vermutlich Blut.

In der Laufmündung sei Waffenöl feststellbar gewesen.


Der S. erklärt, dass die Waffe in 2 Modi bedient werden kann:

Single Action bei einem Abzugsgewicht von 1,7 kg

Double Action bei einem Abzugsgewicht von 4,8 kg


Danach erklärt er Konstruktion und Funktionsweise der Waffe, was ich hier nicht wiedergeben will.

Interessierte können dies sicher aus entsprechender Quelle recherchieren.


Der R. möchte wissen, in welchem Modus man schiessen kann.

Der S. erklärt die Unterschiede.

Er führt aus, dass man im D.A. - Modus die Waffe geladen, aber trotzdem sicher tragen könne, da der Hahn entspannt sei.

Im S.A. - Modus, nach dem Durchladen, müsse man den Abzug nur leicht betätigen, um einen Schuss auszulösen.

Nach Abgabe des letzten Schusses hält der sogenannte Verschlußfanghebel den Verschluß in hinterster Stellung fixiert.


Außer dem Sicherungshebel habe die Waffe 2 weitere Sicherungsmechanismen:

1. Eine sogenannte Rohrast, die den Hahn abfängt, wenn man beim manuellen Spannen abrutscht, so dass der Hahn nicht aufschlagen kann und kein Schuss ausgelöst wird.

2. eine automatische Sicherung, die einen Schuss nur zulässt, wenn der Abzug GANZ durchgedrückt wird.


Der S. habe die Funktionsfähigkeit der Waffe getestet. Sie funktioniere störungsfrei.


Es wurde ein sog. Hülsenauswurfdiagramm angefertigt. Demnach hat diese Waffe folgende Eigenschaften:

Der Auswurf erfolgt 137 Grad zur Schussrichtung nach rechts hinten und 19 Grad horizontal nach oben.

Die Hülsenauswurfweite liegt zwischen 1, 30 und 1, 73 m.


R

Was sollen uns diese Werte denn nun sagen?


S

Das ist nur für die Leute wichtig, die die Tat rekonstruieren wollen.


Mit einem Stereomikroskop habe der S. den austauschbaren Lauf der Waffe untersucht.

Hierbei habe er herstellungs- und gebrauchsbedingte feine Riefen und Kratzer festgestellt.

Dies sei zunächst notwendig, weil diese Merkmale bei jeder Waffe zufallsbedingt anders aussehen und im 2 Schritt über diese Merkmale die verschossene Munition einer bestimmten Waffe zugeordnet werden kann.

Der S. habe für die 79 Projektile eine Tabelle angefertigt, die seinem Gutachten beiliegt.

Der R. bittet den S. das Ergebnis zusammenzufassen.

Der S. erklärt, dass man von 7 Geschossteilen sicher sagen kann, dass sie aus der vorliegenden Waffe abgefeuert wurden.

Bei den weiteren Geschossteilen spreche zwar einiges dafür, aber sicher könne er es nicht sagen.

7 weitere Geschossteile wurden sicher nicht aus diesem Lauf gefeuert, sondern aus einem Lauf mit „polygonem Querschnitt“


R

Wo wurden die Teile sichergestellt, von denen man sicher ist?


S

6 in der Schule und 1 in Wendlingen.


Der S. hat die „Tatwaffe“ mit dabei, ebenso wie das Softair-Imitat „Taurus“.

Beide zeigt er vor Gericht.


R

Welche Fertigkeiten kann man von der Taurus für die Beretta erlernen?


S

Nur das Lösen des Magazins mit dem Knopf. Das Repetieren auch, aber das ist ja bei allen Selbstladern gleich.

Zäsur


Es kommt zu einer Zäsur:


Beisitzender R:

Die Geschosse, die sicher nicht durch den Lauf der Beretta geschossen wurden, stammen ja aus Wendlingen In Ihrem Gutachten sind diese Asservate ja mit D für Wendlingen gekennzeichnet. Wo wird der von Ihnen angegebene polygone Lauf verwendet?


S

Z.B. bei der Heckler&Koch oder der Glock, also bei Waffen, wie sie auch die Polizei verwendet.


Hiermit wurde deutlich gemacht, dass es sich bei den 7 Geschossen aus Wendlingen um Polizeimunition handeln soll.


RA Gorka:

Haben Sie die Waffe unverändert erhalten?


S.

Die Frage ist für mich nicht nachvollziehbar. Ich habe die Waffe erhalten, wie ich es beschrieben habe.


RA Gorka:

In dem Zustand, in dem Sie die Waffe bekamen, konnte man damit nicht schiessen?


S

Ich erhielt sie entladen, gesichert und entspannt.

Aber ich kann Ihnen den Ladezustand laut Akten bei der Auffindesituation nennen:

Im Lager befand sich eine Patrone CBC, im Magazin 4*CBC, 2* S&B 9*19/08 und 6* S&B 9mm Luger.


RA Gorka:


Wenn die Waffe nicht gespannt, aber entsichert ist, kann man dann damit schießen?


S

Wenn sich eine Patrone im Lager befindet, ja.


Der S. wird nun entlassen.


Der R. kündigt an, da ja Frau Helm von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht habe, was dazu geführt hat, dass das Prozessprogramm durcheinander kam, dass er nun Kontakt zu den 2 weiteren Zeugen aus Weinsberg aufnehmen werde, um abzuklären, ob diese ebenfalls von ihren ZV-Rechten Gebrauch machen wollen. Rein vorsorglich, um weiteren Leerlauf zu vermeiden.

Des Weiteren seien am Vortag 27 Leitz-Ordner mit den Spurenakten der PD-Waiblingen bei Gericht eingetroffen.

Die Verfahrensbeteiligten könnten zu den Geschäftszeiten Einblick nehmen.

Offen sei der Wunsch nach den Akten der Kriminaltechnik, die bei der STA eingesehen werden konnten.

Der R. fragt die Verteidigung , ob dies geschehen sei.

Dies wird bejaht, demnach sei jeder zufrieden.


Um die Mittagszeit wird die Sitzung an diesem Tage geschlossen.


Somit schließt hier auch mein Bericht vom 14. Prozesstag.


Rechtlicher Hinweis:

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Mit dem Anonymisierungsangebot erkennen wir jedoch an, dass wir evtl. Persönlichkeitsrechte als vorrangig behandeln und uns auch keinesfalls die im Prozess benannten Abläufe und Zitate zu eigen machen, sondern gerade eben die mögliche Unzulänglichkeit der dort getroffenen Aussagen ausstellen wollen.

Zuletzt geändert: 27/07/2022 14:36